Q&A Robert Lippok

Robert Lippok ist ein Avantgarde-Musiker, Visual-Artist und Komponist, der bereits in jungen Jahren Berlins pulsierende Experimental-Szene geprägt hat. Gemeinsam mit seinem Bruder Ronald spielte er in den 80ern in Ostberlin Industrial unter dem Namen Ornament und Verbrechen. In den 90ern bildeten die beiden mit Stefan Schneider das Postrock-Trio To Rococo Rot und veröffentlichten Musik auf den Labels Kitty-Yo, City Slang und Staubgold. Seine Solo-Arbeiten erscheinen seit 2001 auf dem renommierten Label Raster-Noton.

Robert Lippok wird als Mentor an unserem neuen Residency-Program Amplify Berlin teilnehmen, mit dem aufstrebende Musiker*Innen aus Berlin gefördert werden. Start ist im September, bis 17. Mai können sich Interessierte für das erste Semester bewerben. Weitere Mentor*Innen sind: Avant-Techno-Producerin Laurel Halo, Pop-Surrealistin Lurcrecia Dalt, Sound-Maschinistin Caterina Barbieri und Sound-Dekonstruktivistin Ziúr.

Für das ACUD Mag haben wir mit Robert Lippok über seine Tätigkeit als Lehrer und Musiker gesprochen.

Hi Robert, wir sind sehr stolz, dich für Amplify Berlin gewonnen zu haben. Freust du dich auf die Residency?

Ja natürlich freue ich mich sehr. Ich finde Berlin im Januar großartig, Eis, zugefrorene Seen … genau der richtige Monat um im Studio zu arbeiten.

Du bist schon länger als Lehrer aktiv. Wo und zu welchen Themen hast du unterrichtet?

Über die Jahre habe ich viele Workshops gegeben. Seit einem Jahr unterrichte ich an der NYU Berlin gemeinsam mit Christina Wheeler Experiments in Future Production and Performance. Wir reden über ethische Probleme beim Sampling, hören Stockhausen, schauen uns an wie KI Musikproduktion gerade verändert und verändert wird. Experimentieren mit Stimmen, Rhythmen und Sinusgeneratoren. In der Unterrichtsstunde Back to the Future geht es um Modulare Synthesizer, Software, Hardware und hybride Lösungen wie Axoloti. Ab und zu wird es sehr laut in den Kursen.

Was gefällt dir am Unterrichten?

Das kann ich gar nicht so pauschal beantworten. Die Arbeit mit den Studenten an der NYU kommt mir schon sehr entgegen, da ich absolut frei bin bezüglich der Themen und der Art zu unterrichten. Ich würde mich eher als Filter, denn als Lehrer sehen. Oft kommen die Studenten schon mit ausgearbeiteten Idee und brauchen nur ein paar Hinweise, wie die Produktion optimiert werden kann. Interessant sind die sehr verschiedenen Wege zu komponieren und zu produzieren. Von abstrakten Glitches bis Soul und Americana ist die Bandbreite sehr groß. Meine Aufgabe ist es, neue Ansätze aufzuzeigen, die eigene Musik zu sehen und zu verändern.

Wie bist du dazu gekommen, Musik zu produzieren?

Ich habe mit 15 angefangen Musik zu machen, das war Mitte der 80er. 1984 gründeten mein Bruder Ronald und ich Ornament und Verbrechen. Der Ansatz war schon damals experimentell, mit einfachen Mitteln, wie modifizierte Radiogeräten, selbstgebauten Percussioninstrumenten, einer Italienischen Transistororgel, entstanden die ersten Stücke. Die englischen Avantgarde-Bands Cabaret Voltaire oder Throbbing Gristle waren unsere Vorbilder. Aufgenommen wurde damals direkt auf Tonbandkassetten. Editiert oder verändert wurden die Aufnahmen nicht, alles musste im Moment des Spielens passieren. Später dann habe ich mitunter in großen Studios aufgenommen, John Peels Sessions bei der BBC in London zum Beispiel.

Verschiedene Techniken zu beobachten, wie Schlagzeug oder Flügel mikrofoniert werden ist für mich wichtig. Bei Recordingsessions lerne ich am meisten. Ich selbst besitze kein Studio und auch nicht viele Geräte, die Projekte an den ich arbeite sind sehr unterschiedlich was Instrumentierung und Größe betrifft. Bei Bedarf leihe ich zusätzliches Equipment oder miete für ein paar Tage ein Tonstudio.

Gibt es junge Musiker*Innen aus Berlin, die du gerade besonders spannend findest?

In Berlin passiert so viel da ist es schwer den Überblick zu behalten. Louis Rastig würde ich unbedingt nennen wollen und Kaan Bulak, Florina Speth, die mit ihrem Projekt Schloss Mirabell zusammen mit Dasha Rush beim Berliner Atonal Festival gespielt hat. Die Musik von Jessica Ekomane Etoua entdecke ich gerade. Caterina Barbieri hat mich auf sie aufmerksam gemacht.

Wenn du es dir aussuchen könntest, für welche Amplify-Residency würdest du dich bewerben?

Wenn ich mir es aussuchen könnte, würde ich von September bis Februar freinehmen und an allen Residencies teilnehmen. Die Workshops werden sicherlich ein Kaleidoskop zum Teil gegensätzlicher Wege sein, mit Klang zu arbeiten. Ich hoffe, alles wird dokumentiert.

Amplify Berlin
Robert Lippok:
http://www.raster-media.net/artists/robert-lippok