So 8.12.19

x-embassy Kollektiv presents ZICKZACK I

ACUD STUDIO 18h → Screening

*English below*

ABOUT

Im Rahmen eines künstlerischen Forschungsprojekts des Kollektiv x-embassy über Kunst von Frauen* im urbanen Raum in Pankow entsteht der Filmabend ZICKZACK I:

In der offiziellen "Erfolgsgeschichte" der Wiedervereinigung, sowie den aktuellen Debatten um die weiterhin bestehenden Spannungen zwischen Ost- und Westdeutschland werden die Wahrnehmungen von Zugewanderten und ihren nachfolgenden Generationen tendenziell marginalisiert; ihre Berichte und Erfahrungen von den Ereignissen während und nach 1989 wurden (damals auf beiden Seiten der Mauer) und werden noch immer weitgehend ausgeklammert. Ebenfalls oft ausgespart wird die rassistische Gewalt gegen Black People und People of Color auch im Berliner Raum in den frühen 1990 Jahren, wirft sie doch einen Schatten auf die Feierlichkeiten.

Die Filme dieses Abends, "Bruderland ist abgebrannt" (Angelika Nguyen, 1991, deutsch mit englischen Untertiteln, 28 Minuten) und 'ROAN' (Thuy Trang Nguyen, 2019, Vietnamesisch m. englischen Untertiteln, 12 Minuten) überbrücken zwei Generationen und erzählen zwei verschiedene Perspektiven aus der vietnamesischen Diaspora in Deutschland. Sie haben ihren Ursprung in der vietnamesischen und der deutschen Geschichte des bewegten 20. Jahrhunderts.

"Bruderland ist abgebrannt" wurde in der besonderen instabilen Situation des Jahres 1991 und während jener gewissen Pogromstimmung auch in Berlins Straßen gedreht. Er ist eine Momentaufnahme der damaligen Lage von in der DDR verschieden sozialisierten Vietnames*innen in Ostberlin und eines der seltenen Zeitdokumente, welche Alltagsrassismus und strukturelle Ausgrenzung aufmerksam beobachten. Ein Film über rechtliche und soziale Unsicherheit, über Ankommen oder auch über Abschied auf dem Flughafen Berlin-Schönefeld.

Thuy Trang Nguyens Kurzfilm "ROAN" (2019/12min) widmet sich der Beziehung zwischen einer vietnamesischen Großmutter, die 1985 mit ihrer Familie als Geflüchtete aus Südvietnam in West Berlin aufgenommen wurde, und ihrer Enkeltochter, die in Deutschland geboren und aufgewachsen ist. Mit zärtlichen Bildern des Alltags überbrückt Thuy Trang Nguyen große Brüche: zwischen zwei Orten und zwei Sprachen, zwischen dem Wechsel politischer Systeme und dem Einfluss des Wandels auf das Sagbare und Nichtsagbare zwischen Generationen.

Nach den Screenings folgt eine Diskussion mit den Filmemacherin Thuy Trang Nguyen und der interkulturelle Beraterin Mai-Phuong Kollath. Moderation: Kollektiv x-embassy

Eine Veranstaltung in Kooperation mit x-embassy und Helle Panke - Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin

Einlass: 18:00; Anfang: 18:30

Ein zweiter Filmabend, ZickZack II: "Wie herrlich Zitronen schmecken", findet am 15. Dezember statt.

English

Parallel to an artistic research project on art by wom*n in urban space in Pankow-Berlin, Kollektiv x-embassy is delighted to present ZICKZACK I, the first of a series of film nights and discussion rounds addressing histories that are rarely afforded visibility in "public" space:

In the official "success story" of German reunification, as well as in the current debates about the continuing tensions between East and West Germany, perceptions of immigrants and subsequent generations tend to be marginalised; their reports and experiences of the events during and after 1989 were and are still largely ignored (on both sides of the Wall). This means that racist violence against Black People and People of Color in the Berlin area in the early 1990s — and its continuity in the here-and-now — is often bracketed out of the picture, casting a shadow over the celebrations.

The films of this evening, "Bruderland ist abgebrannt" (Angelika Nguyen, 1991, German with English subtitles, 28 minutes) and "ROAN" (Thuy Trang Nguyen, 2019, Vietnamese with English subtitles, 12 minutes) bridge two generations and open two different perspectives from the Vietnamese diaspora in Germany. They have their origins in the Vietnamese and German histories of the 20th century.

"Bruderland ist abgebrannt" was shot in Berlin's streets during the particularly unstable situation of 1991, a period clouded with what has been described as a "pogrom-like" atmosphere. It is a snapshot of the situation of Vietnamese wom*n in East Berlin, and a rare contemporary documentation that attentively observes both everyday racism and structural exclusion. A film about legal and social insecurity, about arrivals, and about leaving at Berlin-Schönefeld airport.

Thuy Trang Nguyen's short film "ROAN" (2019/12min) is dedicated to the relationship between a Vietnamese grandmother, who was admitted with her family as a fugitive from South Vietnam in West Berlin in 1985, and her granddaughter, who was born and raised in Germany. Through tender images of everyday life, Thuy Trang Nguyen bridges vast gaps: between two places and two languages, between the change of political systems and the influence on the sayable and the non-sayable between generations.

The screenings will be followed by a discussion with filmmaker Thuy Trang Nguyen and intercultural consultant Mai-Phuong Kollath. Moderation: x-embassy

An event in cooperation with Kollektiv x-embassy and Helle Panke - Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin

Open from 6pm, screening starts 6:30

A second film screening, ZickZack II: 'Wie herrlich Zitronen schmecken', will take place on Dezember 15, 2019.

PARTICIPANTS

Angelika Nguyen (* 1961)
geboren und aufgewachsen in der DDR. Sie erwarb ihr Filmwissenschafts-Diplom an der Hochschule für Film & Fernsehen in Potsdam-Babelsberg. Angelika Nguyen ist tätig als Autorin, Kuratorin und Filmjournalistin. Sie ist Mitglied bei korientation e.V., einem Netzwerk für asiatisch-deutsche Perspektiven und im Kuratorium des Hauses für Demokratie und Menschenrechte. Sie schreibt Texte für telegraph.cc, ZEIT-Online, WerkstattGeschichte, Freitag und Jalta.

Thuy Trang Nguyen
1993 geboren, ist viet-deutsche Filmemacherin aus Berlin. 2012 wird sie Mitgründerin von BERLIN ASIAN FILM-NETWORK, einer non-profit Organisation, die das Bewusstsein für die Unter- und Missrepräsentation der asiatischen Diaspora in den deutschen Medien schärft und eine Plattform für asiatisch-deutsche Kunstschaffende bietet. Vor ihrer Filmarbeit verfolgte sie einen theoretischen Ansatz audiovisueller Kunst und studierte 2012 Filmtheorie an der Freien Universität Berlin. Sie arbeitete als Regieassistentin, Toningenieurin und Kamerafrau für fiktive und dokumentarische Langfilme. Seit 2013 arbeitet Nguyen als Dialog Coach und Caster für Schauspieler und Schauspielerinnen asiatischer Herkunft. Seit 2017 studiert Nguyen Regie an der internationalen filmschule köln.

Mai-Phuong Kollath
1963 in Hanoi geboren, kam 1981 als Vertragsarbeiterin in die DDR. Nach einem zweimonatigen Sprachkurs in Rostock begann sie ihre Ausbildung als Köchin im Überseehafen Rostock. Ihr Arbeitsvertrag wurde nach vier Jahren und einem kurzen Aufenthalt in Vietnam für weitere 2 Jahre verlängert. Sie lebte im Wohnheim für ausländische Werktätige im Sonnenblumenhaus in Rostock-Lichtenhagen. Um in der DDR bleiben zu können, verheimlichte sie solange wie möglich ihre Schwangerschaft. Sie heiratete 1989 einen DDR-Bürger. Dazu musste sie sich aus ihrem Vertrag freikaufen: sie und ihr Mann mussten dazu 8060 Mark aufbringen. Seit 1994 engagiert sie sich in Rostock im deutsch-vietnamesischen Verein "Dien-Hong" und weiteren Tätigkeit als interkulturelle Beraterin für migrationspolitische Gremien, Parteien und Institutionen. 2005 schloß sie erfolgreich ein Studium der Erziehungswissenschaften an der Universität Rostock ab. Heute lebt Mai-Phuong Kollath in Berlin und arbeitet als Coach, interkulturelle Beraterin sowie als Schauspielerin am Maxim-Gorki-Theater und der Berliner Schaubühne.

x-embassy
ist ein Kollektiv, das sich von Mai 2017 bis August 2019 einen Studio- und Projektraum im ersten Stock des Atelierhauses Australische Botschaft Ost teilte. Während dieser Zeit initiierte x-embassy eine laufende Veranstaltungsreihe für extern eingeladene KünstlerInnen und andere Initiativen. Die Reihe arbeitet mit verschiedenen Formaten, von Ausstellungen über Workshops, Videovorführungen, Performances bis hin zu Künstler*innengesprächen. Das Programm spiegelt die unterschiedlichen Praktiken innerhalb des Kollektivs und die Interessen seiner Gemeinschaften wider. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf interdisziplinären, forschungsbasierten, experimentellen Formaten. Im Moment ohne Raum, arbeiten die Künstler*innen des Kollektivs weiter zusammen.

Aktuell initiiert das Kollektiv eine intergenerationelle künstlerische Forschung zum Thema Kunst im urbanen Raum in Pankow. Ausgehend von ausgewählten Beispielen, u.a. ‚Aufbauhelferin‘ (Gertrud Claessen, 1952) und ‚fragen !‘ (Karla Sachse, 2005), konzentriert sich das Kollektiv vorrängig auf die Arbeiten und Erfahrungen von Künstlerinnen, die vor und nach 1990 in Ostberlin tätig waren und/oder sind. Folgende Fragen werden aufgearbeitet: Welche Bedeutungen trugen die Arbeiten als sie entworfen und umgesetzt wurden? Welche Neuinterpretationen oder Spannungsfelder in Bezug auf die Werke gab und gibt es? Wie erfahren Künstlerinnen den Wechsel politischer Systeme? Welche Erinnerungen wurden und werden im urbanen Raum in Pankow behalten, und von wem? Welche Erinnerungen, welche Narrative sind nicht im Stadtraum sichtbar, und warum? Welche Rolle können wir heute als Künstlerinnen in diesen Prozessen spielen?

Image credit: 'ROAN' (Standbild), Thuy Trang Nguyen, 2019

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